Eine junge Frau Ende zwanzig, die ich Helene in diesem Fallbeispiel nennen werde, kommt mit einer Beziehungsthematik in meine Praxis. Sie ist im letzten Jahr zu ihrem Freund nach Neuseeland gezogen. Der Freund ist ungefähr gleichalt wie sie. Sowohl sie als auch ihr Freund haben ein Problem sich in der Beziehung zu öffnen. Das führt dazu, dass die zwei Partner immer wieder in ihrer Beziehung Probleme miteinander haben. Helene hat ihren Vater mit vierzehn Jahren verloren. Ihr Freund hat seine Mutter ebenfalls im Alter von vierzehn Jahren verloren. Dieses Erlebnis hat die Beiden sehr stark auf der emotionalen Ebene miteinander verbunden und eine großes Trauma der beiden wird in der Heilberatung sichtbar.
Helene hat das Gefühl, dass sie durch den Verlust des Vaters ihr Herz verschlossen hat. Zu dieser Erkenntnis ist sie in einer früheren Beratung mit mir bereits gekommen. Helene erzählt, sie hat in der letzten Zeit immer wieder versucht, ihr Herz ihrem Freund gegenüber zu öffnen, aber es hat nicht immer so gut geklappt.
Zu dem neuen Termin kommt Helene mit dem Anliegen, dass sie sich nicht sicher ist ob sie die Beziehung mit ihrem Freund weiter aufrechterhalten will. Sie hat immer wieder das Gefühl, nicht gut genug zu sein in ihrer Beziehung.
Ebenso hat sie das Gefühl, dass sie nicht genug in ihrer Beziehung gibt. Sie denkt auch, dass sie nicht liebenswert genug ist. Ich frage Helene wer bereits in ihrem Leben ihr dieses Gefühl vermittelt hat, dass sie nicht liebenswert genug ist? Helene ist es sofort bewusst, dass das ihr Vater gewesen ist. Er war es, der ihr dieses Gefühl vermittelt hat in ihrer Kindheit. Mit diesem Gefühl kämpft sie heute immer noch. Es war noch immer so präsent wie in ihrer Kindheit. In dem Moment als wir das ansprechen, wird es Helene richtig übel. Sie fängt an mitten im Gespräch zu zittern und bekommt Panik. Das ist typisch dafür, wenn in einer Heilberatung ein Trauma an getriggert wird zur Heilung. Helen wird schlagartig klar, dass sie eigentlich Angst von ihrem Freund verlassen zu werden. Genau dieses Gefühl hat sie erlebt, als sie vom Tod ihres eigenen Vaters erfahren hat.
Durch den Tod des Vaters war in ihr ein emotionales Loch entstanden. Und über das Erinnern an diese alte Situation ist ihre alte Verletzung nochmal aufgerissen. In der Heilsitzung wir haben sie nochmals ins Bewusstsein geholt, damit diese tiefe Trauma-Erfahrung heilen kann.
Helene hat immer wieder phasenweise darüber nachgedacht, mit ihrem Freund Schluss zu machen. Er hat sie immer wieder nicht gut behandelt. Darüber war sie sich im Klaren, dass so behandelt zu werden ihr und ihrer Seele nicht guttut.
Die eigentliche Ursache für dieses Problem aber lag ebenfalls in ihrer Kindheit. Ihr Vater war Alkoholiker gewesen und war sehr brutal ihr selbst, ihren Geschwistern und ihrer Mutter gegenüber. Alle befanden sich immer wieder in äußerster Lebensgefahr, wenn er getrunken hat. Als der Vater sich schließlich erhängte, war meine Klientin froh, dass der Vater endlich weg war. Sie hatte damals gar nicht um ihn trauern können. Deswegen hat Helene als sie zu mir kam, immer wieder den Drang verspürt ihren Freund zu verlassen. Der verstorbene Vater hatte sie durch sein Sterben ohne Abschied verlassen. Und sie hatte Angst davor vom Freund hier und heute verlassen zu werden.
Damit sie den Schmerz über den Tod des Vaters, den sie tief in sich vergraben hat nicht spüren muss, wollte sie lieber ihren Freund verlassen. Sie hat gar nicht erkannt, dass wenn sie ihn verlassen würde, sie sich selbst damit bestrafen würde. Helene wurde es in der Heilberatung bewusst, dass sie oft in der letzten Zeit an ihren Vater gedacht hat. Sie ist auch immer mehr wütend auf ihn.
Helene hat noch ein weiteres Problem mit ihrem Freund. Manchmal schreibt er mit anderen jungen Frauen in einem Chat. Das verletzt Helene sehr, und sie bekommt Angst, dass der Freund dann fremdgehen würde.
Da der Freund aber im Alter von vierzehn Jahren seine Mutter verloren hat, sucht er immer wieder seine Bestätigung im Außen. Diese findet er bei den anderen Frauen mit denen er schreibt. Er braucht dieses Gefühl gut und begehrt zu sein. Also rennt der Freund von einer Frau zur anderen und von einem Hype zum nächsten Hype in seinem Leben. Dadurch muss er seine Verletzung über den Verlust seiner Mutter nicht spüren. Helene kann an seinem Verhalten erkennen, dass diese viele Ablenkung die er tut, nicht macht um sie zu verletzten. Er hat auch ein Loch in seiner Seele, das noch immer wie eine rohe Fleischwunde klafft.
Wir überlegen gemeinsam mit Helene, was sie in so einer Situation machen kann, wenn ihr eigenes Trauma getriggert wird. Sie braucht eine echte Hilfe, damit sie mit ihrer eigenen traumatischen Verletzung gut umgehen kann. Die Frage, die Helene mir gestellt hat ist: „Wie kann ich mir meine Liebe zu mir selbst geben?“ Sie hat während der Heilsitzung erkannt, dass sie sich selbst die Aufmerksamkeit und Liebe geben muss, die sie von ihrem Freund erwartet. Aufgrund ihrer eigenen Lebensgeschichte war sie verunsichert, ängstlich und traurig. Sie brauch es dringend von ihrem Freund in Arm genommen zu werden. Sie fragt mich: „Woher rühren alle diese aufgewühlten Gefühle in mir? und „Was brauche ich, um meine Gefühle zu verändern?“
Helene hat erkannt, dass die Ursache in ihrer Wurzel-Verletzung lag. Helene sagte: „Mein Vater ist schlecht mit mir umgegangen. Ich bin schuld an allem was in meinem Leben nicht klappt und an allem was in meinem Leben nicht läuft“.
Am Ende der Sitzung sagt sie: „Ich wünsche mir eine bessere Verbindung zu meiner Intuition, damit ich spüren kann was ich brauche.“ Sie hat also erkannt, dass sie selbst sich beim Heilen ihrer Wunden in jeder Situation was anderes geben muss, damit ihre Selbstheilung voranschreiten kann und sie weiter mit ihrem Freund glücklich zusammenleben kann. Nicht ihr Freund ist für ihr Wohlergehen zuständig, sondern sie selbst darf sich das geben was sie braucht.
Eine weitere Situation war in ihrem Zusammenleben, dass er Helene per WhatsApp schrieb: „Über Mittag hatte ich keine Lust, das Telefon abzunehmen“ als sie ihn angerufen hat. „Aber am Nachmittag hatten wir ein sehr gutes Gespräch.“ Helene war verletzt über sein Verhalten. Sie traute sich ihm zu schreiben: „Ich weiß nicht was ich denken soll, wenn du keine Lust hast abzunehmen. Ich spüre das ja. Ich spüre deine Ablehnung in dem Moment.“ Da schrieb er: „Du kennst ja den Grummel Bär. Lass ihn einfach grummeln, wenn ihn der Rappel packt.“ Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und fragte ihn „Warum willst du eigentlich nicht ans Telefon gehen?“ „Ja, es gibt einfach so einen Widerwillen in mir. Ich weiß nicht genau woher.“
„Spannend“ antwortete sie darauf. Es ist so, dass unser Unterbewusstsein manchmal so reagiert. Es können alte Verletzungen sein, die da hochkommen. „Das ist ok, das darf sein“ schrieb er.
„Ja sicher“ antwortete sie. „Ich frag ja auch nur nach um den Vorgang besser zu verstehen.“
Er schrieb: „Das dürfen wir nicht persönlich nehmen.“
Da antwortete sie ihm „Du kannst dir ja vorstellen, was früher umso eine Zeit in mir los war. Untergangstimmung auf der Titanic.“
Er meint: „Das können wir jetzt gelassen hinnehmen.“
Sie antwortet ihm darauf: „Na ja gelassen wird es langsam. Ja es geht jetzt. Ich sehe wie komplex wir trotzdem miteinander verbunden sind und wie mein Ego von dir gut behandelt werden möchte.“
Daran erkennt Helene, dass der Mensch in seinem Zusammenleben ein komplexes Wesen ist. Sie und auch er können die Situation jetzt so belassen. „Trotzdem ist es gut für mich diese alte Wunde immer wieder ein Stückchen mehr zu heilen.“ sagt Helene zu mir. „Weil sonst bin ich im alten Täter Opfer Muster aus meiner Kindheit gefangen.“
Helene sagt: „Danke das du mir auf meine Frage geantwortet hast. Ich bin so froh, dass ich nicht mehr wie früher durchdrehe.“ „Durchdrehen kannst du ein anderes Mal…. wenn du willst.“ Das Typische für eine frühere Traumatische Erfahrung ist, dass wir wie ohne Grund durchdrehen. Was Helene hier erkennt ist, dass sie ja nicht die Wunde die ihr zugefügt worden ist. Sie ist auch nicht mehr komplett identifiziert mit dem Trauma aus ihrer Kindheit.
Und jetzt kann sie anfangen vorsichtig auf ihre Wunde schauen. Nun kann sie ihr Trauma erkennen und sich so kennenlernen mit ihren Verletzungen und Wunden, wie sie ist. Ich finde es unglaublich mutig von Helene überhaupt auf die Wunde zu schauen. Wenn wir alle keine Wunde und Traumata erlebt hätten, auf die wir schauen können und die wir in diesem Leben heilen möchten, wären wir wahrscheinlich gar nicht hier auf dieser Erde. Du hast aber immer die Chance eine neue Sichtweise dazu zu entwickeln, um dich selbst zu heilen, so wie es auch Helene getan hat. Als Heilerin und Medium unterstütze ich dich von Herzen gerne dabei.
Deine Petra Maurer